Das Landgericht (LG) Stuttgart hatte am 17. April 2023 über die bedeutsame Frage der Wirksamkeit von Kürzungsklauseln in Riesterverträgen der Allianz zu verhandeln. In dem Verfahren nahm das Gericht eine kritische Haltung zu einer Klausel des Dax-Konzerns ein. Die Allianz rechtfertigte damit die Kürzung der Rentenzahlungen eines Riester-Kunden. Die Verbraucher-Zentrale Baden-Württemberg hatte aufgrund der durch die Allianz vorgenommenen Kürzungen des ursprünglich vereinbarten Rentenfaktors Klage eingereicht. Das Gericht wird am 10. Juli über die Gültigkeit der umstrittenen Kürzungsklausel entscheiden.
Einen vergleichbaren Fall hatte das LG Köln zu entscheiden. Die Zurich Deutscher Herold Lebensversicherung hatte sich mittels einer vergleichbaren Anpassungsklausel vorenthalten, den Rentenfaktor nachträglich einseitig herabzusetzen. Ein Riester-Sparer wehrte sich gegen die Kürzung seines Rentenfaktors. Die Zurich setzte diesen nämlich von 37 Euro pro 10.000 Euro auf 28 Euro pro 10.000 Euro herab. Der Riester-Sparer klagte gegen die Zurich. Das Kölner LG erklärte die Klausel, auf der die Zurich die einseitige Herabsetzung gestützt hatte, jedoch für unwirksam. Die Versicherung muss dem Riester-Sparer nun den ursprünglich vereinbarten Rentenfaktor zahlen.
Verbraucher-Zentrale reicht Klage gegen Allianz wegen umstrittener Treuhänderklausel ein
Auch die Allianz behielt sich mittels einer Treuhänderklausel vor, den ursprünglich vereinbarten Rentenfaktor einseitig herabzusetzen. Insbesondere in Zeiten niedriger Zinsen hatte das Unternehmen den vertraglich vereinbarten Rentenfaktor und damit die Höhe der Rentenzahlungen bei Riester-Policen reduziert. Daraufhin hatte die Verbraucher-Zentrale Baden-Württemberg die Allianz bereits im September abgemahnt und dazu aufgefordert, die umstrittene Klausel nicht mehr anzuwenden. Das Unternehmen reagierte auf die Abmahnung jedoch nicht, sodass die Verbraucherschützer Klage einreichten.
Der vorliegende Fall betrifft einen Kunden, dem die Allianz im Jahr 2006 eine staatlich geförderte Renten-Versicherung namens "Riester Rente Invest Garantie" verkaufte. Ursprünglich wurde ein Rentenfaktor von 38,74 Euro pro 10.000 Euro vereinbart. Allerdings hat die Allianz diesen Rentenfaktor einseitig auf 30,84 Euro pro 10.000 Euro herabgesetzt. Das entspricht einer Kürzung um ein Fünftel. Die Allianz rechtfertigte die einseitige Kürzung mit der anhaltenden Niedrigzinsphase und dem Rückgang der Zinserträge am Kapitalmarkt. Obwohl die Allianz versprach, den Rentenfaktor bei veränderten Rechnungsgrundlagen wieder zu erhöhen, bleiben die genauen Umstände und Berechnungs-Parameter vollkommen unklar.
Spannung vor Urteil zur Riester-Rente
Das Urteil in dem aktuellen Gerichtsverfahren gegen die Allianz wird mit Spannung erwartet. Stuft das LG Stuttgart die Kürzungsklausel als unrechtmäßig ein, hat dies weitreichende Konsequenzen für die gesamte Versicherungs-Branche. Das stärkt die Rechte der Verbraucher. Denn sie erhalten eindeutige Rentenzusagen, ohne die Befürchtung, dass die Versicherung sie einseitig kürzt. Niels Nauhauser, der Finanzexperte bei der Verbraucher-Zentrale Baden-Württemberg, hofft auf ein gerechtes Urteil. Das Ziel ist, den Versicherern die Möglichkeit zu nehmen, sich durch unklare Klauseln aus ihren Verpflichtungen zu winden. Er betont, dass es an der Zeit ist, die Interessen der Verbraucher zu schützen und ihnen transparente und verlässliche Rentenzusagen zu gewährleisten.